Lars Weg auf die Welt

...festgehalten im April, ein paar Wochen nach dem Tag, der uns zur kleinen Familie machte.

 

07.02.2003

Nach meiner Traumschwangerschaft kommt doch ein "Schock" beim Arzt: Blutdruck zu hoch, Eiweiß im Urin ... ich darf zwar noch mal nach Hause, aber dann sofort in die Klinik.  In der Klinik: CTG, alles ok, dann Gespräch. Das erste, was Dr. Strüssel sagt: "Dass Sie hier bleiben ist doch klar, oder?" Ich schlucke, bin aber froh in guten Händen zu sein. Nach einem Wehenbelastungstest werde ich "geprimt". Das ist so ein Gel, dass an den Muttermund gestrichen wird - Mittlerweile ist es schon abends...

08.02.2003

Habe nicht sonderlich gut geschlafen. Mein Schatz, also Dein Papa und Mutsch, Deine Omi, sind schon zum Frühstück gekommen. Danach wieder CTG, Untersuchung, zweites Priming (eine Einheit). Abends drittes Priming (zwei Einheiten), wieder CTG, der Ärztin geht es nicht schnell genug. Wehen hab ich zwar, ich bin müde, aber die sind alles andere als effektiv. Deine Herztöne sind immer noch sehr schnell, aber es geht Dir gut. Die Ärztin untersuch und "hilft nach", d.h. sie zeichnet. DAS will ich ganz schnell wieder vergessen, denn es hat "sauweh" getan, ich dachte sie kommt oben bei mir wieder raus.

09.02.2003

So langsam denke ich, kannst Du aber kommen. Die Wehen werden jedoch nicht mehr. Durch das "Zeichnen" habe ich 2 cm, Muttermund geschafft. Viertes Priming, aber es will nicht so recht weitergehen. Ich habe keine Ahnung wie die Zeit umgegangen ist, es kam mit eeeeewig vor und doch ist schon Nachmittag. Die Oberärztin will sehen, wie weit Du bist, die Fruchtblase sprengen und aus Deine Kopfvene Blut entnehmen, um den Sauerstoffgehalt zu testen. Zwischenzeitlich war der Anästisist schon a für den Fall eines Kaiserschnittes. Und dann.....ja dann ging es irgendwie ganz schnell und ich hab alles nur noch wie im Traum erlebt. Ich weiß noch, dass im OP alles Männer waren, die einen hemmungslos abgelenkt haben mit ihrer Flirterei. Die Spinalanästesie hat dann endlich Gott sei dank beim vierten und letzten Versuch geklappt, nachdem mit jemand was unter die baumelnden Füße gestellt hat, damit ich den Rücken krumm machen konnte. Deine Herztöne sind traumhaft gut - kein Wunder, ich bin ja auch ruhiger jetzt, wo ich weiß, Dir geht es gut und gleich bist Du da. Die Ärztin fragt: "Spüren Sie das?", ich verneine und der Anästisist sagt: "Gut so, denn sie schneidet schon" Dein Papa ist auch endlich bei mir im OP - Omi wartet draußen auf Dich. Ohne die zwei hätte ich die letzen zwei Tage kaum durchgestanden. Schade nur, dass wir alle nicht das Geburtserlebnis hatten. Es ist heute noch wie ein Traum für mich, aus dem ich rausgerissen wurde.

18:02 Uhr, am 09.02.2003, ich höre Deinen ersten, durch Fruchtwasser gurgelnden Schrei und heule hemmungslos drauf los - vor Freude, vor Erleichterung, ach was weiß ich. Plötzlich zittere ich am ganzen Körper, trotz Warmluftdecke, und kann es kaum erwarten zugenäht zu werden und Dich zu kriegen, zu sehen, zu riechen, in den Arm zu nehmen. Deine Omi ist bei Dir, während Dein Papa bei mir bleibt. Irgendwann ist er zu Dir gegangen, ich lag irgendwann im Bett und wartete auf Dich. Aber es ging nicht. Du musstest - Gott sein Dank - nicht in die Kinderklinik, obwohl es erst so aussah, weil Du so blass warst und nicht richtig Luft geholt hast. Aber - so hat es Omi erzählt - konnte man sehen, wie Du Farbe bekommst und auch Papas und Omis Gesicht bekamen wieder Farbe und Du brauchtest nur ins Wärmebettchen in den Kindersaal.

Nach - für mich endloser Zeit - abends gegen 22 Uhr auf dem Zimmer konnte ich Dich zum ersten Mal endlich in den Arm nehmen, wenn auch nur kurz. Davor hat Dein Papa nur schnell ein Foto machen können, mit dem ich mich bis dahin begnügen musste.

Der Sandsack auf meinem Bauch war weg, Schmerzen hatte ich im Moment noch keine. Ich war nur hundemüde und bin mit Dir im Arm fast eingeschlafen. Du hast von alledem nur im Unterbewusstsein etwas mitbekommen, da Du selig und fest geschlafen hast. Ich hatte mir einen anderen Start gewünscht für uns, aber Du warst gesund und das war die Hauptsache.

Willkommen  in unserer Welt mein kleiner Schatz!

 

Lars erste Tage...

10.02.2003

Nach einer fast schlaflosen Nacht, wollten mich die Schwestern um halb acht aus dem Bett schmeißen - aber es ging partout nicht, nie hätte ich gedacht, dass ein Kaiserschnitt so Schmerzen bereitet und hab in dem Moment nicht verstanden, dass andere Mütter danach so schnell wieder "rumsprangen". Mit einer Schmerztablette bekam ich "Gnadenfrist" bis 10 Uhr. Heute weiß ich -. mittlerweile ist es April, als ich das hier schreibe - gar nicht mehr, ob ich in den Kindersaal rausgeschlichen bin zu Dir oder ob Du mir gebracht wurdest. In der Zwischenzeit hast Du von den Schwestern per Flasche Glukose bekommen, damit Deine Zuckerwerte steigen (und heute - meine Handschriftlichen Gedanken von April 2003 übertrage ich heute im März 2009 in die digitale Welt, kurz vor dem zweiten Geburtstag Deines Bruders- weiß ich, dass Sie Dich mir besser gebracht hätte, dann hättest Du das so wertvolle Kolostrum gegen den Unterzucker bekommen und das Stillen hätte sicher besser geklappt , aber so ist das eben in einer Uniklinik - für die wirklich wichtigen Dinge ist dann keine Zeit....).

In der Stillecke - ja, jetzt weiß ich es wieder - ich bin zu Dir hochgegangen - haben wir das erste mal einen Stillversuch gewagt. Das war nicht einfach. Du hast schon vorher angefangen zu saugen und Dein kleines Schnütchen nicht richtig aufgemacht und raus kam erst mal - außer dem klebrigen Kolostrum nichts, aber das war das wertvollste, was ich Dir geben konnte.

Nachmittags sind dann noch die Mama von Papa, also die andere Omi, die Opas und Dein Onkel gekommen und hab Dich auf unserer Welt begrüßt. Die einhellige Meinung: Du bist ein Superbaby.

13.02.2003

Die ersten drei Tage sind wie im Traum an mir vorbeigegangen, mit viel Besuch für Dich und mich. Ich habe mich endlich entschlossen richtig Rooming-In zu machen, Dich also Tag und Nacht bei mir zu haben - das hatte ich mich nicht getraut. Ich hatte schlicht Angst, dass ich Dir nicht schnell genug helfen könnte. Die Naht hat mich so gepiesackt, ich konnte mich kaum bewegen. Das Stillen klappt auch nicht so recht, Du bist ein kleiner genießerischer Nuckelbeißer und meine Brustwarzen sind dadurch wund, fast blutig, aber es geht noch. Nach dem Anlegen wird noch gepumpt, um die Produktion anzuregen und danach in Salbeitee gebadet. Ich genieße jede Sekunde mit Dir...

 

14.02.2003

Unsere erste gemeinsame Nacht - alles hat wunderbar geklappt. Du hast pünktlich alle vier Stunden Hunger gehabt. Ich bin hundemüde, denn durch wickeln, pumpen und Salbeiteebaden der mehr als wunden Brustwarzen nach dem Stillen und zufüttern, weil Du so viel Hunger hast, kann ich nur zwei Stunden schlafen - aber ich bin überglücklich. Ich heule zwar den ganzen Tag, warum weiß ich selbst nicht, der Babyblues hat mich voll erwischt.

Aber dann passierte etwas, was ich am liebsten aus meinem Gedächtnis gestrichen hätte. Der Kinderarzt, der gestern bei Dir die U2 gemacht hatte und bei der alles in Ordnung war, teile mir mit, dass Du für ein paar Tage in die Kinderklinik müsstest, weil Deine Blutzuckerwerte immer wieder abfallen würden. Menno, ohne Kaiserschnitt wären wir jetzt zu Hause, aber man soll 7 - 10 Tage als Mutter in der Klinik bleiben. Eine Viertelstunde später kamen schon die Schwestern um Dich abzuholen. Ich hab nur noch geheult und war fix und fertig, die Narbe tat aber auch so weh.....ich hab den Fußweg in die Kinderklinik - ein anderen Gebäude- nicht geschafft und es hatte aber auch keiner Zeit mich mit einen Rollstuhl rüber zu fahren. Wie ich als Mama zu ihrem Kind kam, war anscheinend alles sch.....egal. Dein Papa kam ausgerechnet heute erst nachmittags. Wir sind dann doch zu Fuß in die Kinderklinik. Doch die drei Minuten Fußweg waren für mich meilenweit weg und wir haben eine Viertelstunde für den Weg gebraucht - mit der Quittung, dass mir alles weh tat und Dein Papa mich am nächsten Tag mit dem Rollstuhl rüber gefahren hat. Tja, also wieder mal eine Stillpause, aber gepumpt habe ich fleißig und die Milch immer mitgebracht - alle vier Stunden und auf stolze 70 ml bin ich gekommen. Für dich zu wenig, Du hast Dir bereits 100 ml reingezogen bzw. wurdest regelmäßig gefüttert, um Deinen Blutzucker zu überprüfen. Meine Brustwarzen konnten zwar so schön heilen, aber wirklich glücklich war ich darüber nicht, weil ich Dich gerne stillen wollte und Angst hatte, dass es nicht klappt. Ich habe also beschlossen bis Donnerstag in der Klinik zu bleiben, damit wir beide bzgl. des Stillens noch eine Chance hatten.

17.02.2003

Nachmittag: Dein Papa und ich gehen zu Dir in die Kinderklinik und nach langem Warten und nachdem ich dem Doc auf den Kopf zusagt hatte, dass die Klinik nur Geld machen wolle, der Zuckerwert auch im Kindersaal auf der Geburtenstation überprüft werden könne und dann unter der Option, dass Du evtl.. noch mal rüber müsstest, konnten wir Dich wieder mitnehmen. Deine Opa ist mit Deiner Großtante Heidi gekommen, sie schiebt voller Stolz den Kinderwagen mit Dir, Dein Papa schiebt mich und Opa passt auf. ;-)

 

18.02.-20.02.2003

Ich hab Dich sooooo lieb, könnte Dich den ganzen Tag knuddeln, aber ich habe mich an diesem Morgen dazu entschlossen nicht mehr zu stillen. Das wertvollste, die erste Milch hast Du bekommen. Meine Brustwarzen wollen nicht mehr, sind wund und tun weh, die Milch will einfach nicht fließen und ich müsste die erste Zeit zufüttern. Es würde lange dauern, bis es sich bei uns einpendeln würde und die Geduld hab ich einfach nicht. Ich werde unruhig, dann wirst Du unruhig und damit ist uns beiden nicht geholfen. Ich habe mittags die Abstilltabletten bekommen, Dein Papa hat schon Fläschchen und alles besorgt. Mittags gehe ich in den Kindersaal, wo ich Dich gelassen habe, als ich zur Abschlussuntersuchung gegangen bin. Die Kinderschwester, die sich in Dich verguckt hat, begrüßte mich mit "Raten sie mal, wen ich hier habe?". Das konnte nur mein kleiner Schluckspecht sein und die andere Schwester winkte mit beiden Händen. Das bedeutete, wir durften beide nach Hause und Du musstest nicht mehr in die Kinderklinik....

AUF NACH HAUSE!!!

Dein Papa hat entsprechend eine leere Flasche und eine Wärmebox mitgebracht, weil wir noch bei meinen Kollegen vorbeischauen wollten. Bernard, mein Chefchen soll einen Teller voll mit Reibekuchen bekommen, die er soooo gerne isst, denn schließlich ist er es "schuld", dass Dein Papa Arbeit bekommen hat. Der hat Augen gemacht, als wir so plötzlich in der Tür standen. Du wurdest von allen bestaunt - armes Kind - fast schon vorgeführt, aber Du hast selig und fest geschlummert und von alledem nichts mitbekommen.

ZUHAUSE! Endlich!!! Die Klinik hatte ich satt. Wir haben Dich in Deine Wiege gelegt, in der Du bist zum ersten Fläschchen geschlafen hast.